* 15. Juli 1947
von Frank Helfrich
Essay
Schon als Jugendlicher geriet Hamel zwischen die Fronten einer auf Komplexität ausgerichteten Avantgarde und dem eigenen Erleben von Musik als Mittel der Kommunikation. Sowohl serielle als auch indeterminierende Gestaltungstechniken, die in der Ästhetik der 60er-Jahre vorherrschend waren, stehen einem unmittelbaren Erfassen eher entgegen. Einen krassen Gegensatz dazu bildeten Hamels Erfahrungen beim eigenen, durch spielerische, spontane und kommunikative Aspekte geprägten Improvisieren. Anstatt sich und seine ästhetische Position abzugrenzen, gab ihm dieser Konflikt schöpferische Impulse, die er in ständiger Auseinandersetzung mit beiden Extremen geradezu provozierte.
Schon der Titel Ü-Musik für Klavier (1969) weist auf den ihn zeitlebens beschäftigenden Versuch hin, scheinbare Gegensätzlichkeiten, hier etikettiert durch die Begriffe „U“- und „E“-Musik, musikalisch zu vereinen: Ü-Musik ist bestimmt durch den Wechsel verschiedener Klangfelder, die unterschiedlichen Seinszuständen entsprechen („Leben, Wirrnis, Ruhe, Erinnern, Vergessen, Chaos, Klarheit, Ordnung“, so die Partitur). Dabei werden neue Techniken altbekannten in gleicher Wertigkeit gegenübergestellt: Cluster, graphisch notierte Improvisationsteile, Glissandi, Impulse gezupfter Klaviersaiten und freitonale, ametrisch notierte Klänge weichen zeitweise ruhigen, melodischen Figuren und einer jazzorientierten Funktionsharmonik; Letztere werden dann aufgelöst in atonale, schnell bewegte Klangfelder und unterbrochen von akzenthaft gesetzten Einzeltönen, die sich ins Nichts verflüchtigen. Schon in diesem Frühwerk versucht Hamel, ...